Meine Lieblingszeitung FAZ hat in dieser Woche einen sehr guten Artikel über einen gewissen Dachdecker Schwarz veröffentlicht. In diesem Artikel ging es implizit auch um den Brexit, denn der gute Herr Schwarz machte veritable Geschäfte auf der Insel, weil die dort im Grunde a) schlechte Dächer haben, b) dort kaum Handwerker haben und c) die Handwerker die sie haben, schlecht sind. Soweit in Kurzform worum es da ging. Logischerweise ist dem Herrn Schwarz nach der Brexit-Entscheidung der Inselbewohner das Geschäft weggebrochen, weil das britische Pfund in den Keller rauschte. Nun ist es so, dass ich schon seit Beginn der neunziger Jahre gegenüber meiner Frau behaupte, dass wenn man einen norwegischen Ingenieur an seine Wasserleitung lässt, man hinterher einen ordentlichen Rohrbruch sein eigen nennen darf. Da hatte ich zu den Engländern – Entschuldigung, Briten – noch gar nichts gesagt. Das ich besagte Engländer – ich nenne die Inselbewohner der Einfachheit halber hier mal so – auch für nicht übermäßig begabt halte und das mir durch meine Aufenthalte dort klar geworden ist, dass die Elite clever ist, die Masse aber recht ungebildet (gegen die Sun ist die Bild Bildungsprogramm), muss ich auch noch anfügen; insofern kann ich dem Herrn Schwarz doch folgen.
Was nun meine beste Dienstreise aller Zeiten betrifft, trug sich folgendes zu. Anfang der 2000er Jahre hatten wir gerade mal wieder eine Matrixorganisation – mit Organisationen ist es meist wie in der Mode, man wechselt von Karo zu Streifen und dann über Uni wieder zurück – und da war ich der Chef von unserem Customer-Service-Engländer, welcher sich auf der Insel den Allerwertesten aufriss, damit wir mit unser lausigen Qualität nicht doch noch alle verbliebenen Kunden verlieren. Der gute Peter (er hieß bei unser Peter Mac, weil wir auch noch einen Peter M hatten) rief mich an, bei Intel in Dublin sei unsere Batterieanlage in Brand geraten und schwer geschädigt. Da alleine ohne Unterstützung der Zentrale aufzuschlagen war ihm nix. Also machte er einen Termin und wir flogen beide nach Dublin, auf die andere Insel. Nun ist es so, dass Peter Mac mein Freund war und ist. Unser Verhältnis war Kollegial und abseits von Bier sachlich geprägt. Wenn er mich vorstellte, dann sagte er meist im Nachsatz, „he is my maid“. Einmal brachte er seinen legalen (etwas steifen) Chef auf der Insel bei einem Bier aufs härteste in Bedrängnis, als er auf mein; „damned, why do you have all these nice pubs here and we have non of them?“ meinte, „because we bombed them all!“ Meine Güte haben wir gelacht. Wir also hin zu Intel, erstmal durch das ganze Sicherheitsprozedere und dann Richtung Keller, vorbei an den Reinräumen und edelster Industrieflurarchitektur. Auf dem Weg zum Keller erfuhren wir dann, dass Intel einen Sachverständigen von der Feindinsel England geholt hatte, der schon bei der Anlage sei. Na super dachte ich und versuchte mir den aufkommenden Wutschaum – ich hatte eine ähnliche Konstellation schon mal mit den Kraftwerksleuten von Siemens und einem Sachverständigen in Deutschland durchlebt – nicht anmerken zu lassen. Wir also in den Batterieraum. Da warenzwei 384 V Anlagen parallel installiert, wo in etwa zwei mal 200 kW, dafür braucht man eine halbe Turnhalle. Mal abgesehen von der Idiotie Intels, sich ausgerechnet eine wartungsintensive recht billige Batterie, wir hatten da durchaus besseres im Portfolio, anzuschaffen, waren tatsächlich einige Zellen abgebrannt, die Pole ragte wie Stümpfe aus den abgebrannten Zellen heraus und bei einigen hatte wohl auch der Wasserstoff im oberen Zellenbereich mal eine schnelle Verbrennung genossen, so das Plastikteile und Säurereste überall verteilt waren. Kurz und knapp, der Sachverständige, ein unsympathischer introvertierter Typ, stocherte mit einem Schraubendreher der eher zu meinem Großvater als ins 21. Jahrhundert gepasst hätte, in den Resten einer Zelle herum. Ich fragte ihn dann ob er „technical expert“ sei, was er bejahte. Dass das nicht mit einem von der IHK vereidigten Sachverständigen in Deutschland zu vergleichen ist, sollte klar sein. Jedenfalls fragte ich ihn wo denn sein Werkzeug und seine Messinstrumente seien, woraufhin er erst herumdruckste und dann meinte, so etwas brauche er nicht um die Brandursache zu ermitteln. Ich sah ihn an, so dass ihm klar war, dass ich ihn für einen komplett unfähigen Idioten hielt und machte mich dann auf den Weg zum Pluspol der Batterie. Da fängt man gefälligst an, so! Dort angekommen besah ich mir die Reste dieser und der Nachbarzellen und meinte zu Peter, „sieht aus als sei der Brand an den Polen außen entstanden. Dann hatte ich eine Eingebung, ging zu einer intakten Zelle und drehte mit der Hand die Polschraube nach links, und siehe da, sie war lose. Nächste Zelle, das gleiche. Wir gingen so herum und drehten fröhlich die Polschrauben mit der Hand heraus. Ich fragte Peter ob die Anlage durch uns oder einen seiner Partner installiert worden sei. Er verneinte und meinte das Intel für die Installation einen Provider beauftragt hätte. „Okay“, sagte ich, „dann war es das hier, wir sind fertig.“ Wir hatten dann ein kurzes Gespräch mit dem Facility Manager von Intel, wir machten ihm klar, warum die Anlage abgebrannt war, denn bei Strombelastung werden die Pole der Batterie glühend heiß durch den Strom der durch den zu hohen Übergangswiderstand fließt. Und das eben weil der Installer die Schrauben nicht mit 20 Nm festgezogen hat. In Kurzform: „not our responsibilty“. Wir sagten artig auf Wiedersehen und gingen. Da war es elf Uhr am Vormittag, um zehn waren wir gekommen. Unsere Rückflüge waren am nächsten Tag, also suchten wir uns einen Pub und tranken Bier. Dies war so einer dieser Pubs welche es in Deutschland gibt weil er dem Bombenhagel zum Opfer fiel. Wenn Sie mal in einer schlechten Kneipe landen, trösten Sie sich damit, dass die Engländer daran Schuld tragen. Der Pub war vollgepfropft mit allem möglichen Zeug, in der Wand in einer verglasten Nische lagen ein paar Devotionalien und drum herum ein Haufen Asche, die war von einem – nun ehemaligen -Pubbesucher, der seine Asche in seinem Pup untergebracht haben wollte. Was macht man nicht alles für gute Kunden. Dann aßen wir etwas und tranken weiter Bier im Pub. Irgendwann fuhren wir zurück ins Hotel, tranken Bier, gingen in ein Restaurant, aßen wieder und tranken Bier. Den Tag haben wir nicht vergessen. Intel bekam eine fette Rechnung für unseren Einsatz, kaufte sich eine neue Batterieanlage und das Multiversum lacht wahrscheinlich immer noch.
Ansonsten empfehle ich zum besseren Verständnis der Andersartigkeit der Inselmenschen das Interview mit Michael Manousakis auf Youtube – ab 4:10.
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