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Walter Lorke

Walter Lorke war unser Nachbar, und das ging so: meine Eltern wohnten in den sechziger Jahren in Bremen-Huchting in einer 3 Zimmerwohnung. Neubau, das war 1963 das Ding schlechthin. Vergleichbar mit modernen Wohnungen für Familien in Ballungsräumen von heute. In der Gegenwart wohnt in diesen Häusern keine deutsche Familie mehr. In dem ehemals Deutschen Supermarkt (DS) – der erste Supermarkt dort überhaupt – ist jetzt eine Moschee. Aber das Thema hier ist unser Nachbar. Erinnere ich mich zurück, dann waren alle Nachbarn irgendwie seltsam in dem Haus, Meisen allerorten. Vor dem einen Sohn einer Familie sollte ich mich hüten, weil der Epileptiker war, ich sollte auf keine Fall einen Anfall miterleben müssen. Tat ich aber doch und es hat mir in keinster Weise geschadet – im Gegenteil, es machte mich wacher. Der andere Sohn im Haus war schon irgendwie erwachsen, arbeitete aber nicht. Damals war in Deutschland die sog. Vollbeschäftigung angesagt. Definiert mit 2,4 % Arbeitslosigkeit, nicht wie Heutzutage mit 6,x %! Also knapp gesagt, da stimmte etwas nicht.

Schlimmer aber war, dass meine Mutter gegenüber meinem Vater immer wieder äußerte, dass nächtens jemand durch den Keller schleicht. Das sind so Mietshauskeller gewesen, wie sie typisch sind. Man kommt die Treppe hinunter und es geht nach links für die Heizungsanlage und die Holzversschläge für die linken Mietparteien. Nach rechts waren dann der Fahrradkeller und die Holzverschläge für die rechten Mietparteien. Also da schlich nun angeblich nachts immer jemand rum. Ehrlich gesagt, hielt ich das immer für eine faule Ausrede meiner Mutter dafür, nicht in den Keller gehen zu müssen um Getränke zu holen oder den Müll runter zu bringen. Was mein Vater dachte, äußerte er nie. Da er eine Seele war, ging abends nur noch er in den Keller – auch für mich war das Tabu. Meine Mutter meinte dann eines Tages sie sei sich sicher, derjenige der da unten wandelt ist der Walter. Walter Lorke war der Sohn der Nachbarn unter uns. Man ahnt es, alle Plemplem da keine Mädchen im Haus waren. Also der Walter Lorke sollte das nun sein. Zugegeben, der Typ war irgendwie ein bisschen unheimlich, aber da etwas zu unterstellen? Ich weiß nicht.

Viele Jahre später – präzise 1974 – ich war 14 und wir wohnten mittlerweile in Emden (Befremden nannte Gerhard Seyfried das) brachte mein Vater ein Bild-Zeitung) nach Hause. Man sollte dazu anmerken, dass bei uns eine BILD freie Zone existierte. Das Ding war meinen Eltern immer zu schmierig als das Sie es geduldet hätten, so etwas in ihren vier Wänden zu tolerieren. Auf dieser Bildzeitung prangte nun ein Porträt von eben diesem Walter Lorke, zugegeben etwas älter geworden aber immer noch deutlich zu erkennen. Titel: „Der Vampir von Hamburg„. Da war nun im Text, viel steht da meist Ja nicht bei der „Blöd“, klar gesagt, dass der Walter in seiner Wohnung in einem Sarg schlief und nachts über Hamburgs Friedhöfe schlich. Nun hatte er jemandem ziemlich wehgetan und die Polizei hatte sich ihn  geholt. Bild macht daraus dann wie üblich mehr als dran war. Was auch immer der Walter so trieb, meine Mutter stolz wie Oskar, war vollrehabilitiert sozusagen! Wer hätte das gedacht, jeder glaubte ihr nun, dass der damals schon einen nächtlichen Hang zum Keller hatte. Wir waren alle voll blamiert mit dem was wir über viele Jahre so über meine Mutter dachten.

Categories: 我的金瓶梅

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4 replies

  1. Dann kann man den Namen auch ändern und muss nicht jemanden bloßstellen mit so einer alten Geschichte, die bald 50 Jahre her ist

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