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Muss noch was weg?

Also, der Spruch: „Muss noch was weg?“ geht auf meinen Großvater zurück. Erstens war er sehr sparsam und zweitens hatte er – so nannten wir das in der Familie – einen Blechmagen. Soll heißen,  er konnte alles essen, so eben auch Dinge, die vielleicht schon sehr dicht an ihrer endgültigen Haltbarkeit vorbeigeschrammt sind. Saß man beim Abendessen und es gab, wie in einem deutschen Nachkriegshaushalt, der – Fluch oder Segen? – von Pizza noch nie etwas gehört hatte, Wurst, Käse und kalten Fisch, dann guckte er irgendwann in die Runde und sagte; „muss noch was weg“? Damit war dann allen klar, er würde nun vielleicht nur noch ein wenig essen und wollte – damit keinesfalls etwas wegeschmissen werden muss – sicherstellen, dass er etwas aß, was andere weder essen wollten, noch möglicherweise konnten, weil es eben langsam den eingangs beschrieben Zustand erreicht hatte oder drohte denselben zu erreichen. Das war tatsächlich so eine Marotte von ihm. Vermutlich aus dem Krieg. Als ich Jugendlicher war, da hatte ich ihn mal gefragt:

„hast Du schon mal Ratte gegessen?“ Woraufhin er nur sagte:

„wir haben in der Gefangenschaft alles gegessen was es gab. Wenn Du wirklich Hunger hast, dann ist Du alles!“

Genau das war so seine Art. Auf solche Fragen bekam man nie eine konkrete Antwort. Er war nie der Typ der jammerte, dass ihn die „Drecksnazis“ sechs Jahre lang in die Scheiße geschickt hatten. Er war der Typ der über den Krieg schimpfte, dass Ja, aber nie jammerte.

Nun habe ich mich gestern selbst erwischt. Ich habe einen grippalen Infekt. So nennt man das heute wenn man sich richtig besch… fühlt, Kopfschmerzen hat und alles weh tut. Nur wenn ich krank bin esse ich. Meine mir von dem uns soweit Bekannten Universum anvertraute Frau stellt die Nahrungsaufnahme ein, wenn sie krank ist, ich fange an zu futtern. Das habe ich schon als Kind getan, meine Mutter hat sich darüber immer gewundert. Jedenfalls war für gestern schon die Abendessenansage, ich esse Reste, meine Frau außer Haus, denn es war wieder irgendwas. Elternabend, Sitzung oder weiß der Himmel. Ich habe vor langer Zeit aufgegeben mir das zu merken. Als Gatte der Leiterin einer evangelischen Kindertagesstätte, ist man im Dezember sozusagen „Abendverwittwet“. Jedenfalls, als meine Frau nach Hause kam und fragte, wie es mir geht etc. Sagte ich,

„och es geht, Temperatur nicht mehr so hoch, Kopfschmerzen etwas weniger schlimm.“

„Hast Du was gegessen“, fragte sie? Und ich Depp sagte:

„Ja, etwas Käse, außerdem habe ich den Fleischsalat und den Lachs weggemacht, der Lachs war glaube ich schon etwas stichig.“

Da hatte ich Idiot im Prinzip das gleiche gemacht wie mein Großvater, weil mir schon seit langem klar ist, dass unser Magen deutlich mehr abkann, als Fernsehköche und Ärzte uns glauben machen wollen. Wenn etwa nicht mehr genießbar ist, dann kann ein gesunder Mensch das riechen und wird es nicht mehr essen. Davor kann er es essen ohne Schaden zu nehmen. Egal was einer auf die Packung geschrieben hat. Riechen ist wichtiger als das Datum, welches die Lebensmittelindustrie draufschreibt, weil sie etwas draufschreiben muss.

Categories: 我的金瓶梅

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