Dass ich ein „Uberer“ bin, habe ich schon hinreichend dargelegt. Dass ich immer noch Taxis nutze, ist der Tatsache geschuldet, dass ich am Flughafen bzw. Bahnhof keinen Bock auf Stress habe und daher Taxen nutze. Als ich letzte Woche am Flughafen BER – ja, das ist derjenige, welcher nie fertig wurde, trotzdem war ich da – ankam, wollte ich auch ein solches, von mir immer als Droschke bezeichnetes – Taxi nehmen. Ich kam also aus dem Flughafengebäude heraus und da waren auch tatsächlich Taxen. So selbstverständlich ist das nicht unbedingt, bedenkt man, dass es mir am Flughafen Frankfurt schon des Öfteren passiert ist, dass da draußen keine Taxen standen. Ich begab mich dann mit meinem Gepäck in Richtung des Kopfes der Taxischlange, also so wie sich das gehört, ich stelle mich an, immer, Basta. Nicht so wie der Armleuchter im Silvesterurlaub beim Einlass zur Gala im Bayerischen Hof in Lindau. Der lauthals zu seiner Frau gewandt verkündete, als er merkte, dass er am falschen Ende des Zugangs zum Restaurant angekommen war,
„ich stelle mich da nicht hinten an!“ Woraufhin ich zu meiner mir von unserem Multiversum anvertrauten Gattin, sagte,
„und ich lasse den hier vor uns nicht rein, darauf kannst Du Gift nehmen!“ Ich finde solche Menschen zu Kotzen. Erst neulich erklärte ich einem drängelnden Frührentner – klar, der hat keine Zeit –beim Bäcker im Chinoncenter in Hofheim, dass ich mit fünfzehn das erste Mal in England war und mir an dem Land damals nur eine Sache wirklich gut gefallen hat. Nämlich das sich die verdammten „Limeys“ anstellen, immer und grundsätzlich! Zurück zum Taxi. Als ich kurz davor war, das Kopfende der Schlange zu erreichen, scherte plötzlich eine der Taxen aus und besetzte so die Ausfahrspur. Irgendwie brach dann das Chaos aus und die Leute, die ein Taxi brauchten, blickten nicht mehr so ganz durch, wer wohl der nächste für welches Taxi sei. Das Spiel ging so knapp eine Minute, bis wieder eine Ordnung entstand, nachdem der Ausgescherte die Spur wieder freigegeben hatte. Ich nahm das nächste heranfahrende Taxi und stieg dort ein, weil ich an der Reihe war. Die Situation erinnerte mich an daran, dass ich das ganz ähnlich, nur in krasserem Ausmaß, in Peking am Hauptbahnhof erlebt habe. Meint, Berlin ist nicht besser als Peking in diesem Fall. Dort war ich nach einem langen Tag mit dem Hochgeschwindigkeitszug von Qinhuangdao – dort endet die große Mauer ins Meer – zurückgekommen. Vor dem Bahnhof war eine Menschenschlange, die für Taxis anstand. Eigentlich alles wie immer in China. Vorne ein oder zwei Ordner und man läuft zwischen Abgrenzungen nach vorne. Nur in diesem Fall versagten die Ordner und dann brach das Chaos los. Alle rannten auf die in drei Reihen herankommenden Taxis zu. Mit an der Reihe sein war da nichts mehr. Das ging drunter und drüber. Ich guckte es mir an und traf die Entscheidung für Tel Aviv. Dort hatten meine Frau und ich einen Tagestrip nach Jerusalem machen wollen. Da ich der Auffassung bin mit dem Taxi oder geführt kann das jeder, sagte ich:
„wir nehmen den Bus“. Wir kauften Fahrkarten und suchten dann den richtigen Busbahnsteig. Als es an das Einsteigen in den Bus gehen sollte, waren da auf einmal so um die 50 bis 60 Mitkämpfer, die auch in den Bus wollten. Meine Frau hasst Drängeln noch mehr als ich und weigerte sich, das Spiel mitzumachen. Da sagte ich zu ihr,
„willst Du nach Jerusalem, oder nicht? Wenn ja, dann los!“ Daraufhin legte meine Frau die Ellenbogen nach außen und kämpfte sich vor mir in den Bus. Das hat mir nochmal mehr Respekt vor meiner Frau verschafft, als ich ohnehin habe. Jedenfalls war das die sicherste Busfahrt meines Lebens. Da saß eine wirklich ausnehmend gutaussehende junge Frau, geschminkt, lange Fingernägel, in Armeeuniform und tippte auf ihrem strassbesetzten Smartphone. Nur an ihrer Seite, da hing die Uzi mit dem Magazin unten drunter geklebt. Ich sagte zu meiner Frau:
„die ist in weniger als 2 Sekunden schussbereit. Und die schießt auch ohne zu zögern, wenn es darauf ankommt!“ Sicher, wie gesagt, sehr sicher. In Peking entschied ich mich also dazu auch auf die Straße zu rennen und ein Taxi zu entern. Das gelang mir auch nach ungefähr dreißig Metern durch das Chaos hindurch. Als ich endlich mein Taxi hatte und es enterte, hörte ich wie hinter mir eine junge Frau ihren Koffer auf dem Boden schmiss und anfing zu weinen, weil sie gedacht hatte, das von mir nun okkupierte Taxi zu erreichen. Ich gestehe zu meiner Schande, ich war müde und es war spät, ich stieg nicht wieder aus. Was ich sagen will ist, wenn man in China oder in Berlin Ordnung sieht, dann ist das Fassade, nichts als Fassade. Kommt ein Störfaktor auf, dann stürzt die Ordnung in sich zusammen und das Chaos bricht aus. Und noch eines in Peking waren die Ordner die eigentlichen Deppen. Weil sie überfordert ihren Job nicht machten, brach die Ordnung zusammen. Diese Überforderung bringt uns jetzt zurück nach Lindau und zur Margarita.
In dem von uns gebuchten Silvesterpaket war auch ein Besuch im Spielcasino mit drin. Nicht dass wir darauf scharf waren, wir hatten aber auch nichts Besseres vor. Als wir am 30. Dezember angekommen sind, da waren die Zimmer noch nicht bezugsfertig. Kein Problem, damit hatte ich ohnehin nicht gerechnet. Wir sind erstmal auf einen Kaffee gegangen, respektive eine Schokolade für mich und für meine Frau das übliche Damengedeck, Latte Macchiato und Prosecco. Danach haben wir einen Bummel durch die Stadt gemacht und sind dann zurück zum Check-in. Beim Check-in hatte ich bezüglich der Rezeptionistin so das dumpfe Gefühl, sie überspielt irgendwelche Unsicherheiten. Aber es lief eigentlich alles ganz korrekt ab. Nur bezüglich des Casinobesuchs sollte ich angeben, welchen Slot wir am Neujahrstag nehmen wollen, man ginge in zwei Gruppen dorthin. Daraufhin machte ich klar, dass wir nicht laufen, sondern mit dem Bus fahren würden, weil meine Frau High Heels trägt. Darauf meinte die Rezeptionistin, wir könnten den Bus kostenlos nehmen, denn unsere Kurkarte beinhalte den Transport mit den Öffis. Das freute mich, denn wir wollten an Silvester mit dem Bus in die Therme fahren. Mit dem Auto ist das in Lindau echt Sch… – sorry suboptimal – denn der Hauptparkplatz ist in einem miserablen Zustand, man wird nur dreckig und macht sich die Schuhe kaputt. Die Rezeptionistin sagte dann, ich könne die Kurkarten dann vor dem Abendessen abholen. Da dachte ich mir noch nichts bei der ganzen Sache. Logischerweise vergaß ich die Kurkarten abzuholen, daher holte ich sie am Silvestermorgen vor dem Frühstück an der Rezeption ab. Die Rezeptionistin, die ich erwischte, die vom Vortag war wohl nicht im Dienst, machte eine Schublade auf, holte vorgedruckte Karten heraus, riss sie aus dem Bogen und gab sie mir. Da dachte ich, klar, die drucken die vor der Ankunft der Gäste, damit es dann schnell geht. Außerdem fragte ich mich, warum die Dame mir die nicht gleich beim Check-in ausgehändigt hatte. Als es dann am Neujahrstag losgehen sollte, da saßen wir in der Lobby mit zwei Damen zusammen, die auch den Casinobesuch wagen wollten. Als die erfuhren, dass wir den Bus nähmen, schlossen sie sich angesichts des grauen Wetters an. Beim Besteigen des Busses realisierten die beiden dann, dass sie keine Kurkarten erhalten hatten und nun Fahrscheine kaufen mussten. Ich diskutierte mit meiner Frau darüber, dass die Rezeptionistin das verbaselt hätte, weil sie ihren Job nicht anständig macht. Wahrscheinlich war sie überfordert und überspielte das nur recht geschickt – hatte mein Gefühl mich also nicht getrogen. Im Casino bekamen wir erstmal eine Einweisung und ich realisierte, dass das Roulette dort ein amerikanisches ist, also spielt man nicht „pair et impair“, sondern „even and odd“. Ansonsten waren keine Unterschiede feststellbar für mich. Nachdem wir ein paar Euro verzockt hatten, wollten wir etwas trinken. Das gestaltete sich ob der nicht so richtig besetzten Bar ein wenig schwierig. Nach geraumer Zeit kam dann ein Herr und bediente uns. Danach verschwand er wieder. Als wir zahlen wollten, kam ein weiteres Paar und ich machte mich auf jemanden zu suchen, der kassiert. Ich sprach eine Croupière an und man begann wieder mit der Personalsuche. Es dauerte eine Zeit, dann erschien sie. Nicht allzu groß, leicht kräftig, nicht nur geschminkt, überschminkt könnte man sagen, also aufgebrezelt und arrogant, wie es arroganter nicht geht. Das Deutsch war arg gebrochen und klar osteuropäisch. Ich meinte so eine leichte Russenarroganz wahrzunehmen. Der Mann des Paares begnügte sich mit einem Bier, die Dame orderte eine Margarita. Darauf meinte die Arrogante. Die Küche sei noch geschlossen – „once uppon a time in the east“, als die Pizza erfunden wurde. Meine Frau und ich mussten schwer an uns halten, die Dame, die den Cocktail bestellt hatte, brach fast zusammen, erklärte der jungen Frau allerdings, dass es sich um einen Cocktail handele, welcher in einem Glas mit einem Salzrand serviert würde. Ich hatte den Eindruck, dass ihr dabei der Salzrand fast wichtiger war als der Tequila, der da hineinkommt. Jedenfalls hatten wir sie hier wieder, die Arroganz, mit der immer wieder versucht wird, die eigene Überforderung und das eigene Unvermögen zu überspielen.
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