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Polizei

Mein erstes Erlebnis mit der Ordnungsmacht hatte ich mit 15 (also 1975). Besser gesagt, ich war gerade fünfzehn geworden. Ich fuhr mit meinem Fahrrad, eine echte Waffe im Straßenverkehr, freihändig und verkehrtherum durch eine kleine Einbahnstraße die entweder von Radfahren oder Anwohnern mit dem Auto befahren wurde. Ja, ich fuhr freihändig und wurde in dieser Straße von einem Polizisten gestoppt. Des Lebens überdrüssig warf er sich für sein volles Beamtengehalt mutig vor mein Fahrrad. Ich brachte also meine – damals – rund 65 kg plus Fahrrad zum Halten. Bremsweg = Reaktionszeit plus Anhalteweg – oder war es andersrum? Da standen wir nun. Der Polizist nahm meine Personalien auf und meinte, ich würde dann schon noch von ihnen hören. Klasse, erst mal zu Hause leicht anbeichten, dass man erwischt wurde wegen… Als nächstes mit dem verständnisvollen Vater (ich bin aber auch nicht viel besser, als Vater ist man wohl so) über den Unsinn – „das wäre ja nicht nötig gewesen“ – diskutieren. Nach zwei Wochen gespannten Wartens dann der Schock: 10 Mark, das war ein Hammer. Mein Alter Herr ließ mich, klar ob seines Unverständnisses für mich, natürlich die DM 10 von meinem üppigen Taschengeld bezahlen – „wozu bekommst Du schließlich Taschengeld?“, Ja, wozu eigentlich?

10 Mark hin oder her, der Hammer kommt ja noch. Die 10 Mark waren mit der Vorladung zum Verkehrsunterricht verbunden. Da lernte ich das erste Mal in meinem Leben, wenn Du Geld an den Staat berappst bekommst Du immer eine Gegenleistung dafür, welche dies ist, legt allerdings der Staat fest (Schrei nach Anarchie). Die ganze Sache war im April passiert, der Verkehrsunterricht fand aber erst so gegen Ende Juni, Anfang Juli – wenn ich mich recht erinnere – statt. Hin oder her, die 10 Mark taten weh, der Verkehrsunterricht war Folter. Er war auf einen wunderschönen Samstag-Freibad-Badenachmittag gelegt. Die Sonne brannte nicht, sie brüllte. Ich war natürlich der einzige Depp der nicht konnte an diesem Nachmittag, sondern stattdessen unter dem Dach des Polizeigebäudes schwitzte. Die paar schönen Tage die man im Pubertätsleben hat, die wurden dann auch noch torpediert.

Fakt war, ich musste zur Polizeidienststelle Brückstraße in Emden. Ein altes großes Klinkergebäude – mächtig Eindruck schindend. Ich fühlte mich wie, naja. Der jüngste war ich dann auch noch. Ich kannte keinen. Die anderen Schwerverbrecher die sich dort eingefunden hatten, waren alle so um die 16 oder 17. Die Verbrechen die Ihnen zur Last gelegt wurden, waren das sie alle, samt und sonders ihre Kleinkrafträder frisiert hatten. Peinlich an dem Ganzen für mich war nur, dass jeder einzeln mit Namen aufgerufen wurde und sein Vergehen noch mal öffentlich angeprangert wurde. Das war eine sehr ernste Zeremonie, glauben Sie mir. Aber nur so lange bis ich dann dran kam. K liegt im Alphabet ja so ziemlich in der Mitte. Man ist nie der erste, aber auch nie der letzte. Als der Respektsbeamte in Uniform – ich hasse Uniformen – dann meinen Namen aufrief und lautstark verkündete ich sei freihändig mit dem Fahrrad – ja mit einem schnöden Fahrrad, heute würde man „ungeil“ sagen – verkehrtherum durch eine Einbahnstraße gefahren, war der Spott der ganzen Mannschaft mir sicher. Mann/Frau, haben die sich totgelacht. Ich wurde rot, mein Tag war versaut, die Woche auch, der Monat ebenso. Eigentlich war der ganze Sommer im Eimer. So lernt man hassen. Mein Vater, der korrekte, lachte sich zu allem Überfluss innerlich und heimlich auch noch über mich tot.

Viele, viele Jahre später, so um die 25 um genau zu sein, sprachen wir in der Familie über dies Ereignis – präzise: meine Eltern erzählten es meinem Sohn und meiner Frau, auf das ich die Peinlichkeit nochmals durchlebe. Ich erwähnte, dass es doch schade sei das ich das Original nicht mehr hätte weil, dann könnte ich es rahmen und über den Schreibtisch hängen. Was glauben Sie wohl was passierte? Mein Vater grinste, stand auf, verließ den Raum, kam nach fünf Minuten wieder und übergab mir das Original. Er hatte es doch tatsächlich aufgehoben. Na ja, der Mann war halt Gütesicherer bei der Bundeswehr (BWB), da wird man so. Aber eigentlich müsste ich ja Stolz sein, weil ich als einziger der Familientradition folge.

 

Categories: 我的金瓶梅

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