Nein es geht nicht um Öl – Erdöl. Es geht um ein anderes schwarzes Gold. Das mit dem Öl ist doch – mal ehrlich – gelaufen. Alle, auch die Kartellbehörden haben sich damit abgefunden, daß jeden Donnerstag zwischen 20 und 22 Uhr die Preise für Benzin und Diesel ansteigen. Also keine Rede mehr über Rechtssicherheit in Europa bitte.
Mir geht es um Reifen. Ja genau, die kleinen lustigen schwarzen Dinger auf denen unsere Autos stehen und fahren. Früher gab es für jeden Autotyp ein bis drei Typen von Reifen, und Basta. Heute suggeriert uns eine Industrie, die uns melken will, daß die arme kleine 70-jährige Omi im platten Land hinter Osnabrück unbedingt Winterreifen braucht, damit sie im Winter, sollte es auf die Ananas im Garten schneien, niemand anderen zuschanden fährt. Wohl weil Omi Ihre Einkäufe immer vor 5:30 h am Morgen erledigt, wenn Manni der Salzstreuer noch nicht von A nach B und wieder zurück die Straße geräumt hat. Hier interessiert mich:
wieviel Schmiergeld haben eigentlich die Straßenverkehrswissenschaftler bekommen, daß sie sich an dieser Volksverdummung beteiligen?
- warum bringt eigentlich niemand den Mut auf, die Statistiker zu zwingen hier mal „Butter bei die Fische“ zu geben und sich zu erklären, wie viele Schnee- und insbesondere Glatteisunfälle trotz der Borniertheit der Fahrer wohl mit Winterreifen zu verhüten gewesen wären – ich habe da immer nur so Wischiwaschi gelesen – nach dem Motto: Hauptsache nichts konkretisieren.
- ist mir gerade beim Schreiben entfallen
Jedenfalls habe ich auf meinem Auto vier wunderschöne Reifen, Dick und breit, und natürlich bräsig kommen die daher. Immerhin hat der Automobilhersteller das Auto auserkoren, die Reifen mit einer sogenannten Felgendiebstahlsicherung und Drucksensoren auszurüsten. Die Drucksensoren braucht man, um für den unwahrscheinlichen Fall, daß der Idiot am Steuer nicht merkt das sein Auto langsam platt wird, oder während der Fahrt wegen niedrigem Reifendruck schon leicht schlingert, eben diesen Trottel zu warnen. Die Felgendiebstahl- sicherungen sind irgendeine Spezialschraube, die eben kein sog. Außensechskant hat, sondern eine spezielle Form besitzt, die sich nur lösen läßt, wenn der große Reifenmagier, welcher unsere Reifen wechselt, auch das passende Gegenstück besitzt.
Nun also fuhr ich neulich zum Reifenhändler – oder sollte ich sagen: zur Niederlassung der internationalen Reifenmafia – um meine Sommerreifen aufziehen zu lassen. Allerdings hatte ich Pech, denn der Reifenmagier der meinem Auto zugeteilt wurde, der zerstörte die Spezialmutter beim wiederanziehen der Schrauben. Na und denkt jetzt der unbedarfte Laie? Ich werde Sie belehren, und zwar eines besseren. Ich guckte den Mann ziemlich ernst an und fragte:
„Und nun? Wie soll ich jetzt fahren“?
„Die Muttern sind fest“, meinte er, „ich kontrolliere ja mit dem Drehmomentschlüssel noch mal“.
In seinem Gesicht las ich so etwas wie: „was willst Du? 4 feste Schrauben von fünf reichen doch aus“.
Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich dem teilweise zustimmen muß. Wenn die fünfte halbwegs sitzt, dann sollte das auch bis über 200 km/h halten. Aber eben: „sollte“ heißt nicht, daß es hundertprozentig so ist. Abschließend meinte der Gute:
„das ist schon in Ordnung. Übrigens müssen Sie sowieso noch mal kommen um nach 50 km die Schrauben nachziehen zu lassen.“
Super, weil ich fahre die einfache Strecke ins Büro 65 km. Wie soll ich also diesen Schwachsinn, der basierend auf den Problemen von Audi von der Automobilindustrie ins Leben gerufen wurde, denn Umsetzen? Also schön. Man meinte dann, ich solle bei Peugeot gegenüber eine neue Mutter bestellen. Daraufhin habe ich die armen Reifenjungs, mit schon verdächtig hohem Blutdruck, überzeugt, daß wer abreißt auch die Neubeschaffung übernimmt.Am nächsten Morgen bin ich wieder bei dem Reifenhändler eingeschlagen, um mir zwei neue Reifen draufmachen zu lassen, weil „by the way“ stellte sich am Vortag auch heraus, daß zwei der Sommerreifen fällig waren. Also ich wieder hin. Nun hat man mir klargemacht, daß ohne Fahrzeugschein Peugeot nichts rausrückt. Also hat man meinen Fahrzeugschein kopiert und mir einen neuen Termin für die neuen Reifen gegeben. Als ich in der darauffolgenden Woche wieder bei dem Reifenhändler ankam, hieß es wieder: „rien va“, weil die Mutter noch nicht da war. So etwas dauert mindestens 14 Tage klärte man mich auf.
„Na super,“ meinte ich, „daß heißt wenn man einen stinknormalen Platten mit einem neuen Auto hat, dann ist der Reservereifen nutzlos und man steht mit seinem Schrott für mehrere zehntausend Euro irgendwo auf der Bahn, muß sich abschleppen lassen und sich einen teuren Leihwagen nehmen, um weiterzukommen?“
Nicht mit mir, wenn die Spezialmutter da ist, dreht Ihr die lausigen Dinger raus und macht mir normale Schrauben da rein“.
Diesen Terror mache ich nicht mit denn: erstens, wer die Felgen und Reifen klauen will, der findet auch einen Weg. Und zweitens, wer weiß denn schon, daß sich unter den chromfarbenen Plastikabdeckkappen, die ja noch über die Muttern kommen, eine normale Schraube befindet? Man versicherte mir noch, daß man die Schrauben für diese Aktion immer da habe und ich fuhr wieder ab, geschlagen von der Reifen- und Automobilindustrie und ihren Neurosen.
Damit war die Sache für mich erledigt. 1 ½ Wochen später, als die Mutter endlich da war, mußte ich aber meine Frau bitten meine Karre zum Reifenhändler zu bringen, weil ich nicht in Deutschland war und wir in den Urlaub fahren wollten. Mein armes, mir anvertrautes Weib ist dann mit meinem Auto zum Reifenhändler gefahren und hat dort dann noch mal eine Stunde gewartet, heißt eine ganze Stunde ihres kostbaren Lebens verschwendet. Die Sache lief dann so ab: Meine arme Frau kam, sah und verlor, weil die Schrauben, die ja immer vorrätig sind, nicht da waren. Dann hat sie das gemacht, was ich auch getan hätte, sie hat, gegen ihre Art eigentlich, die faule und unwillige Bearbeiterin auf den Topf gesetzt und zu Peugeot gehetzt, Schrauben holen. Diese Aktion hat dann schon mal unnötige 20 Minuten extra gekostet. Damit aber nicht genug, ich hatte nämlich die Reifensensoren vergessen. Neue Reifen, dann müssen die Sensoren neu kalibriert (eingestellt/justiert für den Laien) werden. Das läuft so ab, daß der gute Reifenmagier erstmal einen Haufen Elektronikschrott zum Auto schleppt und dort an eine Schnittstelle (Unwort des
21. Jahrhunderts – hört man Schnittstelle, dann sollte man immer mit Schwierigkeiten rechnen, unbedingt sogar) anschließt. Dann wird der Reifen aufgepumpt und ans Auto geschraubt. Danach wird die Luft rausgelassen, wer je als Kind einen Nachbarn geärgert hat, der weiß: das dauert. Nun erstmal einen Knopf an der Elektronikbox drücken. Nächste Aktion ist: den Reifen auf 3,5 bar aufzupumpen. Dann wieder Knöpfchen drücken und die Luft auf den Nenndruck des Reifen abfallen lassen – sprich wieder Luft rauslassen. Danach noch mal ein Knöpfchen gedrückt und den Elektronikschrott wieder deinstallieren – fertig – vorausgesetzt es sind keine unvorhergesehenen Probleme aufgetreten. So das war’s. Meine Frau war nicht so gut drauf – verständlicherweise.
Liebe Hersteller des schwarzen Goldes und liebe Automobilindustrie: wer verdient hier eigentlich noch was, wenn all die Energie für die Korrektur von Schwachsinn draufgeht? Und ist Euch unsere Zeit eigentlich völlig Sch..egal?
Noch eines zur Beruhigung von Besitzern von Autos mit Reifendrucksensoren. Es ist doch ein erheblich beruhigendes Gefühl, daß man bei einem Reifenplatzer bei 230 Sachen auf der Autobahn, kurz vor seinem Tod noch vom Bordcomputer auf die Möglichkeit des kurzfristigen Ablebens hingewiesen wird, oder?
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