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Uniformen

Ich hasse Uniformen, das erwähnte ich ja bereits. Warum? Weiß ich eigentlich nicht so ganz genau. Ich glaube es liegt daran, daß in meinem beschränkten Weltblick Uniformen die Menschen gleich machen, auf Objekte reduzieren. Dies entspricht nicht meinem Naturell, es ist unfair, erniedrigend und so weiter. Ich hasse die Dinger und liebe Psychologen, ich hasse auch all die Dinge für die Uniformen stehen. Beim Militär zum Beispiel für die Bereitschaft auf die Anweisung irgendeines Idioten hin zu töten. Noch dazu kommt das ich feige bin. Wahrscheinlich bin ich wie die meisten Menschen so feige, daß ich zu feige wäre zu desertieren, was wiederum den Schluß zuläßt, ich ließe mich genauso erschießen wie all die anderen auch. Gewehr raus, wir sind wieder wer.

Ich rechne es meinem Vater heute noch sehr hoch an, daß er verstand. Als ich meinen armen Eltern eröffnete, ich werde den Kriegsdienst – nennen Sie es ruhig Wehrdienst, ich nenne es Kriegsdienst – verweigern, oh Frau. Also mein Vater sagte ruhig: „Junge tu das, wenn es bei mir gegangen wäre, hätte ich es auch getan!“ Meine Mutter kurz vor Tränen, „warum? Alle anderen gehen doch auch hin“. Ein unschlagbares Argument wie ich finde, denn was sie sagte spiegelte doch nur den Gruppenzwang der Gesellschaft wieder, nur damals verstand ich das nicht. Mein werter Erzeuger war zwar im Staatsdienst, aber die Bundeswehr muss ihn nicht wirklich so hundertprozentig überzeugt haben. Immer wenn ich Geburtstag hatte, war mein Erzeuger in Schwanewede zum Krieg spielen. Sein Spielzeug war ein M48 der Bundeswehr, also ein amerikanischer Kampfpanzer. Den durfte er als Unteroffizier, dahin hatte es man ihn bringen lassen, kommandieren. Auch eine lustige Frage, kommandiert man den Panzer als Panzerkommandant oder eher dessen Besatzung?

Adolf Kölbel der Panzerkommandant

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Schwanewede Vermutlich 1960 oder 1961

Und noch einmal, ich bin Pazifist, auch wenn ich zornig bin. Schauen Sie doch mal in den nahen Osten und erzählen Sie mir die Juden oder Palästinenser hätten recht. Bullshit, schauen sie noch einmal hin, Gewalt ist kein Problemlöser, sie ist ein Problemverstärker. In diesem Punkt lasse ich mich nicht beirren, nur heute lachen alle schon wenn jemand sagt, „ich bin ein Pazifist!“ Das nervt!

Ach ja, die Uniformen. Ich verstehe das es Menschen gibt die sich in einer Uniform wohl fühlen, die es freut wenn jemand ihnen sagt, was sie zu tun und zu lassen haben. Ich aber nicht. Ich fühle mich wohl wenn ich in, für andere annehmbaren Grenzen, tun und lassen kann was ich will. Ich habe einen großen Freiheitsdrang und Gerechtigkeitssinn in mir, und bitte hiermit alle Militaristen um Vergebung dafür.

Auch als Nichtpsychologe möchte ich mal eine grüne Uniform analysieren. Ich möchte nicht in dem Konflikt stecken, den ein Polizist hat wenn ihn jemand, gegen seine innere Überzeugung, mit irgendeinem Auftrag los schickt und er etwas tun muß, was er eigentlich nicht tun möchte. In der Uniform der Bundeswehr wäre ich sicherlich im günstigsten Fall unehrenhaft entlassen worden, vielleicht wäre ich auch darin kaputtgegangen.

Also habe ich verweigert. Das war ausgesprochen lustig, kann ich Ihnen versichern. Wobei das Resultat, ich habe ein staatlich überprüftes Gewissen, wer kann das außer einem Zivi schon von sich behaupten, natürlich amüsant ist. Es kam der Tag der kommen mußte, Vater Staat schickte mir eine schmucklose Einladung zur Musterung. All die unglaublichen Geschichten, die Männer je über diese Prozedur erzählt haben, glaube ich ohne irgendwelche Abstriche, voll und ganz. Also liebe Frauen, glaubt Euren Männern alles was von ihrer Musterung erzählen.

Meine Musterung verlief aufregend. An diesem Morgen machte ich mich auf zur Bushaltestelle. Bahnbus von Emden nach Aurich. An diesem Morgen war allerdings etwas anders als sonst. Auf meinem Weg zur Buhast (Bushaltestelle) mußte ich mich an der Karl von Müller Kaserne vorbeikämpfen. Irgend jemand hat mir mal erzählt der war ein strammer Nazi, der Karl von. Paßt prima dachte ich. Auf dem Kasernengelände waren mehrere hundert arme Schweine in Uniform damit beschäftigt Schnee zu räumen. Räumen? Die führten Krieg gegen den Schnee. In der vorigen Nacht war nämlich Norddeutschland im Schnee versunken. Schnee? Das waren Berge, Gletscherlawinen waren heruntergekommen. Lassen Sie sich nichts erzählen von Bayern oder Österreichern, die wissen gar nicht was Schnee ist. 1979, nicht einmal mehr die Bahn fuhr. Der Bahnbus auch nicht. Also ging ich zu Fuß zur Arbeit, ich war ja noch in der Lehre, 3. Lehrjahr Industriekaufmann in der Fischfabrik. Von dort rief ich Aurich an und sagte ab. Man versicherte mir, kein Problem, sie bekommen einen neuen Termin.

Den bekam ich dann auch, einen sogenannten Nachmusterungstermin. Da ging ich auch hin. Ich war der einzig Gesunde an jenem Tag. Alle anderen hatten leichte Verkrüppelungen, schwache Lungen oder wiesen so einen gewissen inzestiösen Touch auf, das war in Ostfriesland noch ziemlich häufig Ende der fünfziger, Anfang der sechziger. Durch all den Untersuchungsstreß kam ich so ziemlich unbeschadet durch. Dann mußte ich vor die Musterungskommission, die freuten sich, endlich einen den wir gebrauchen können.

Der Vorsitzende, strammer Militär in schnieker, tadellos sitzender, Ehrfurcht einflößender Uniform sagte. „Bei uns können Sie alles machen, Hochgebirgsjäger“ – das sind die mit dem Schneekittel und dem weißen Gewehr – „oder auch Kampfschwimmer“ – Rheuma und dauerkalt. Die Figur für den Kampfschwimmer hatte ich damals, heute auch – Kampfschwimmer mit Bauch. Der Mann schaute mich erwartungsvoll an und was tat ich? Ich versaute ihm den sowieso schon beschissenen Tag endgültig. Ich sagte, „ähm, also wissen Sie, ich werde den Kriegsdienst verweigern“. Zack, ich hatte es gesagt. Der kriegte eine Miene aus Stein und sagte dann, „sie können sich jetzt an der Kasse ihr Fahrgeld abholen und gehen“. Ja so war das.

Categories: 我的金瓶梅

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