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Warum u. a. Essen auf Rädern schuld daran ist, dass ich VW-frei durchs Leben kam

Volkswagen hat Verlust gemacht. Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Der Käfer war ein Scheißauto und der einzige Grund es zu kaufen, da zeigt sich auch die Clevernis meines Vaters, war das er auch scheißbillig war. Mein Alter Herr kaufte das Ding als ich so 13 oder 14 Jahre alt war. Er stöhnte weil die Tankuhr mit Reserveanzeige und die beheizbare Rückscheibe ihn als Extras satte 150 Mark mehr gekostet hatten. Ansonsten war der Wagen Grundausstattung und die Farbe: Scheißweiß. Immer wenn meine mir vom Mulitiversum anvertraute Gattin und Geliebte beim Anblick eines alten Käfers oder eine Karman Ghias in Verzückung gerät und säuselt: „was für ein tolles Auto“, dann hole ich weit aus, denn sie kam irgendwann – wir hatten uns gerade erst kennengelernt – mit so einem Exemplar an, welches ihr von ihrem damaliger Noch-Partner und einem Kumpel von ihm angedient wurde. Aufgeschwatzt träfe es besser. Als ich den Krüppel sah, war ich echt sauer. Das erste was ich tat war, ich schmiss mich auf den Boden vor dem Auto und schaute darunter. Was ich sah bestätigte was ich dachte. Ich stöhnte und sagte zu ihr: „ der hat Ja noch ‚ne Rohrlenkerachse, wie alt ist die Karre denn?“ Dann stellte sich raus, dass der Hobel 17 Jahre alt war. 17 Jahre, das ist für einen VW-Käfer damals ein nachgerade biblisches Alter gewesen, konzediert man dass der Motor zumeist maximal 160.000 km hielt. Mein Todessatz zu dem Thema ist immer:

„hör doch auf, so ein Scheißauto will doch heute niemand mehr fahren, oder willst Du wieder im November in der dicken Winterjacke in so einem Ding sitzen, das Beistellfenster eingeklappt, damit Luft ins Auto strömt, auf das die Windschutzscheibe nicht beschlägt, somit Du nicht Blind durch die Gegend fahren musst?“

Jedenfalls fuhr der Käfer noch und brachte sie immer von Wilhelmshaven nach Emden und zurück. Nachdem wir verheiratet waren brachte er mich dann für 5 Monate im Praxissemester zum Kraftwerk in Emden und wieder zurück. Da ich ein praktisch veranlagter Mensch bin, faul träfe es besser, fuhr ich des Morgens über die Autobahn. Das bedeutete,anlassen, 100 m fahren, auffahren und nach neun Kilometern wieder runter von der Autobahn. Am Ende der langen Ausfahrt Emden Ost ist dann eine Ampel, meistens erreichte man sie  rot, so wie wir das alle kennen. Dann kam der November und es wurde kalt. An der Ampel soff der Käfer ab und sprang erstmal nicht wieder an. Ich orgelte ordentlich, denn Käfer springt immer an – so die Legende. Irgendwann berappelte sich die Mistkarre und weiter ging es. Das lief immer so, wenn es richtig lausig kalt war. Eines Morgens, die Pest auf Rädern ging an der Ampel wieder aus, wurde es mir zu blöd, ich haute den Warnblinker rein, sprang raus, rannte nach hinten und riss die Haube auf. Und siehe da, was sah ich da? Der Vergaser war ein einziger Eisklumpen. Am Spätnachmittag warf ich mich dann unter das Auto und suchte den Vorwärmschlauch vom Auspuff zur Luftansaugung, der war vergammelt und abgegangen. Ich flickte das erstmal provisorisch und später kaufte ich einen neuen Schlauch. Das war wohl so das Dritte, was mich nicht zum Volkswagenfan machte. Später wechselte ich den Auspuff, das war an jenem Tag nach Tschernobyl als über Deutschland der so arge Fallout niederging.

Komisch liebe Grüne das da nichts weiter passiert ist, oder? Kein Kapitel ohne „Ökobashing“ – wäre doch traurig. Konstatieren muss man allerdings, dass die „Ökoheimer“ es geschafft haben, dass die Autokorrektur von Word das Wort Tschernobyl korrekt erkennt.

Ich lag also im Dreck mit Fallout und wechselte auf dem Parkplatz den Auspuff. Bei der letzten M10er Mutter musste ich auf das Vorsatzgelenk wechseln und beim abziehen der Nuss fiel diese herunter, und raten Sie mal was sie machte, genau sie plumpste vor meinen entsetzten Augen in die Öffnung für die rund 80 mm dicken Schläuche die vom Käferauspuff abgehen. Da lag die Nuss im Auspuff und ich kriegte das Ding ums Verrecken nicht mehr raus. Dann wurde mir klar, dass Murphy mir zwei Möglichkeiten gelassen hatte. Erste Möglichkeit, den Auspuff wieder abbauen und die Nuss herausschütteln, zweite Möglichkeit, das Auto über Kopf stülpen und die Nuss herausschütteln. Ich entschied mich dann für die dritte Möglichkeit, nämlich die Nuss einfach drin zu lassen. Noch heute wundere ich mich darüber, dass es nie geklappert hat, das Ding hatte sich derart verkeilt, dass nie etwas zu hören war.

Aber es fehlt noch das Zweite, welches mich nicht zum Fan der Marke werden ließ. Als ich Zivi war, fuhr ich u. a. auch Essen auf Rädern aus. Ich hatte 8 Monate in der Druckerei geschuftet, dann wollte der Fahrdienstleiter mich haben und hat mich dem Druckereichef dreist abgelabert. Der Grund war schlicht, dass ich denen immer mal ausgeholfen hatte wenn es brannte, ich immer pünktlich war und darüber hinaus auch noch über Ortskenntnisse verfügte, so landete ich dann beim Fahrdienst. Nachdem ich dem Alten auch noch die leidige Fahrtenschreiberkartenauswertung für Personenfahrten (dafür bekamen wir die Mineralölsteuer zurück) abgenommen, hatte ich bei ihm ohnehin Narrenfreiheit. Ich brauchte nur mal um etwas zu Bitten und er gewährte es mir. Zum Fahren der Essen hatten wir zwei Fahrzeuge, einen Passat und einen Golf. Der Druckereichef fuhr einen Passat als Firmenwagen und der alte ausgemusterte von ihm landete dann immer im Fahrdienst. Der Golf war irgendwie mal irgendwann dazu gekommen. Nun war es so, dass wir Zivis eigentlich den Golf hassten und lieber den Passat fuhren. Da ich aber mehr Essen auf der kurzen Tour ausfuhr als der Kollege auf der langen Tour, fuhr ich den Passat und er musste den „fucking“ Golf fahren. Bei unsere täglichen Challenge, wer als erster bei Tschibo in der Innenstadt ist bestellt schon mal den Kaffee, geizten wir naturgemäß nicht mit Verkehrsregelverstößen nach dem Motto, der andere wird schon bremsen und rasten zu unseren Omis und Opis das Essen raushauen. Das verschaffte uns meist so eine zwischen dreißig und vierzig Minuten längere Mittagspause. Fakt war, der Golf fuhr von Montag bis Freitag und am Wochenende stand er an unserer Tankstelle, damit man am Montagmorgen eine Tasse Benzin in den Vergaser schütten konnte, damit er ansprang. Heißt, stand der Vogel länger als eine Nacht herum, sprang er ohne diese Maßnahme nicht mehr an. Die Werkstatt hatte diverse Male nach dem Fehler gesucht und irgendwann einfach aufgegeben. Das war zwar unangenehm, aber für uns leidlich zu handhaben. Da ich aber nun einmal auch ein ziemlicher Depp bin, vergaß ich eines Freitags, das der Ja nicht stehen darf. An diesem Freitag fuhr ich nicht mit meinem VW-Bus, weil ich aus irgendeinem Grund  am Montag früh keine Tour hatte, wie sonst immer. Also schloss ich abends die Tankstelle ab, nahm ganz in Gedanken den Golf und fuhr nach Hause. Dort parkte ich den Wagen in der Seitenstraße und kümmerte mich um meine Freundin. Am Montag früh ging ich zum Auto und als ich da ankam, dachte ich nur das eine passende Wort. Das war suboptimal gelaufen. Da ich zu spät kommen hasse wie die Pest, bei anderen ist mir das egal, aber bei mir nicht, ratterte mein Hirn los. Ein Gefäß besorgen, zur Tanke – die war nur 50 Meter weg – laufen und dann den Tankwart bequatschen mir einen kleinen Schuss Sprit zu schenken oder zu verkaufen, war eine Option. Die andere sagte ich mir ist, Du kriegst ihn zum Laufen. Ich also rein in die Karre und georgelt was die Batterie hergab. Dann eine Pause. Ich wartete so 20 bis 30 Sekunden. Heute weiß ich, dass ich das Richtige tat, weil das gibt der Säure in der Batterie Zeit in die säureverarmten Bereiche der Platten zu diffundieren, worauf man dann wieder hohen Strom ziehen kann. Dann orgelte ich wieder los, dann wieder warten und orgeln. Dann, oh Wunder, fing der Motor nach 10 Sekunden doch an zu zucken. Ich krampfte am Schlüssel und endlich sprang der Golf an. Als ich an der Tanke bei uns ankam schaute der Alte mich an als sei ich ein Alien und meinte entsetzt, weil verboten, „den hast Du doch nicht übers Wochenende gefahren?“. Ich verneinte, schließlich führten wir strikt Fahrtenbuch. Er wollte dann wissen wie ich den denn anbekomme hatte. Ich erklärte es ihm und er ging nachdenklich den Kopf schüttelnd in die Tanke zu seinem Kaffee. Heute bin ich mir sicher, dass der Golf irgendwo Luft in den Weg des Benzins zum Vergaser zog. Da nie Sprit rauslief, das hätten wir Ja am Boden sehen müssen, vermute ich, dass der Sprit in Tank zurücklief und Luft in die Schläuche hinein. Das würde nämlich erklären, warum er nach der Orgelarie ansprang und eben auch ansprang wenn der Motor mit dem reingekippten Benzin zum Starten überredet wurde. Jedenfalls hat mich auch der Golf ein bisschen zum VW-Verächter werden lassen und ich kann mit Fug und Recht sagen, ich bin bis heute ohne einen Volkswagen besessen zu haben durchs Leben gekommen, denn der Käfer, der hatte sich Ja bei mir sozusagen nur eingeheiratet.

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Bild 1 von 2

bukk, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

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