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Digital Natives

Ich habe neulich einen Vortrag beim 17. Mittelstandstag der IHK Frankfurt gehört. Seitdem gehe ich Schwanger – so kann Mann eben doch schwanger sein – mit der Frage, rege ich mich auf, oder nicht. Ich entscheide mich soeben dafür, weil gerade jemand konstatierte, dass wir die Menschen immer mehr verdummen, weil wir ihnen haarklein vorsagen was sie wann wie zu tun haben, aber meist nicht weshalb. Nun könnte man meinem Mitstreiter sagen, dass muss so sein, weil die Menschen immer blöder werden. Stimmt wohl auch nicht, weil die Menschen Ja nicht blöder werden, sondern eher ungebildeter, fauler (sagt der größte unter den Faulpelzen) und ignoranter.

Der vortragende Herr, sein Name ist Dr. Feltes, ist nach meinen Maßstäben gemessen doch noch recht jung, sprach zum Thema „Revolution? Ja, bitte! —Wenn Old-School-Führung auf New-Work-Leadership trifft”. Eine Diskussion über die Verwendung von Bindestrichen möchte ich hier möglichst vermeiden. Googeln müssen Sie den Herrn auch nicht, weil wenn Sie sein „Outlook“ nicht kennen, finden Sie ihn nicht – daher habe ich ihn vorstehend verlinkt. Der gute Herr ist im Prinzip Lehrer von Beruf und fühlt sich nun berufen, zu rufen, dass heute alles anders als früher ist. Was für ein weiser Mann. Aber immerhin ist er doch auch nicht nur Lehrer, sondern ein Doktor. Doktorlehrer ist man versucht zu sagen. Als erstes begann er damit sich selbst für einen Teil des Publikums zu disqualifizieren, indem er meinte, es könne niemand mehr den Saal verlassen, weil die Türen verriegelt seien. Klar, der Weihnachtsmann war da und hatte abgeschlossen. Zweitens fragte er, ob er alle duzen dürfe, oder ob da einer der Anwesenden ein Problem damit hätte. Ein Herr etwa meines Alters – ich fragte mich noch wie stressgeil ich heute wohl trotz veritablem Schnupfen wäre – intervenierte dem Universum sei Dank, denn so konnte ich mich wieder entspannen und leise weiterschniefen, und wurde dann mit der zu erwartenden Häme überschüttet und von den anwesenden Trittbrettfahrern und Dünnbrettbohrern dafür gebührend ausgelacht. Es grüßte also das Mittelalter mal kurz. Nachdem der Mann sich auf der Bühne erstmal in die wohl notwendige narzisstische Stimmung gebracht hatte, konnte es dann losgehen. Los ging es mit recht textarmen Folien und einem Vortrag der an eine Kopie von Steve Jobs erinnerte. All das kann man ja noch ertragen. Ebenfalls erträglich ist es, wenn jemand der mit den sog. „Neuen Medien“ arbeitet, ein paar gute Hinweise auf Lager hat und meint, dass modernes „Recruitment“ nicht mehr mit klassischen Methoden und Arbeitsbedingungen machbar ist. Ich habe in den letzten Jahren die Anzahl der Mitarbeiter im Bürobereich erheblich aufgestockt, die Stundenanzahl aber deutlich geringer erhöht. Das geht damit einher, dass weibliche Mitarbeiterinnen oft günstiger im Leben zurechtkommen, wenn sie Teilzeit arbeiten, wobei Teilzeit erheblich zwischen 15 und 32 Stunden variieren kann. Dafür braucht es keine Überflieger. Dass junge Menschen heute erheblich mehr auf Randparameter achten als nur auf das nackte Geld, haben auch über Fünfzigjährige mittlerweile recht durchgängig begriffen.

All das kann ich über mich ergehen lassen. Aber dann fing dieser Mensch an, mit seinem Smartphone (vermutlich ist er ein i-Steve-Jobs-Jünger) zu wedeln und meinte seine Generation Y seien “Digital Natives“ und die meine bestünde aus „Digital Immigrants“. Da platzt mir der Hut. Was dieser Digitalparasit meint ist, dass seine Generation mit der Bedienung von dem ganzen Digitalequipment großgeworden ist und mit der Bedienung gut zurechtkommt. Damit hat er Recht. Nur was er nicht begriffen hat, ist dass es auch meine Generation war, welche den ganzen Krempel den er so toll bedienen kann, entwickelt und gebaut hat. Und noch eines, wer eingeschaltet hat, der weiß in aller Regel auch recht gut, wo und wie wieder ausgeschaltet wird. 

Nur zur Aufklärung, unser Sohn ist im Januar 1987 geboren, somit auch Generation Y. Der hat auch in seinen jüngeren Jahren so einigen Bockmist verzapft, ist aber heute ein vernünftiger, verantwortungsbewusster und achtsamer Mann. Das sehen nicht nur seine Eltern so, offensichtlich ist sein Arbeitgeber der gleichen oder ähnlichen Meinung. Was ich an unserem Sohn bewundere, ist die Gabe auch bei älteren Mitmenschen zunächst einmal zu hinterfragen, warum sie etwas auf bestimmte Weise betrachten, beurteilen, bewerten, und machen, bevor er alles einreißt und anders macht. Zur weiteren Erklärung eines Digitalen Immigranten. Ich hatte die Gnade der späten Geburt. Ich durfte in meinem Grundstudium programmieren. Da waren PC’s vorhanden, und auf denen hackten wir dann in Basic – ich hasse Basic – herum, erst später programmierten wir in Assembler und Turbo Pascal. Leider waren die PC‘s von einer gewissen Firma Apple und hießen Mcintosh, die taugten nämlich wenig. Wohl daher werde ich wohl nie ein i-Scheiß-Jünger und die Wahrscheinlichkeit „p“ mich mit einem i-Phone in der Hand zu erwischen konvergiert gegen Null. Soviel über einige Vertreter der Generation Y und den digitalen Immigranten. Sollte der Herr doch noch meinen selbst programmieren zu wollen, die ersten zwei Mal 45 Minuten in Nassi-Shneiderman – Grüße an Sie Herr Professor Bartning – bekommt er gratis, danach wird es teuer.

Frage: ist ein Digitalparasit automatisch auch ein Analoglegastheniker?

Categories: 我的金瓶梅

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