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Patientenverfügungen

Jetzt wird es ausnahmsweise ernst. Ja da gibt es nichts zu lachen. Im Grunde schreibe ich das nur, weil ich das Wort: „Perversion“ erklären will – nicht wie im Fremdwörterlexikon, sondern so dass man es versteht. Im vergangenen Jahr ist meine Schwiegermutter nach einem zehn Monate dauernden Siechtum gestorben. Gott sei Dank ist sie am Ende friedlich eingeschlafen, weil niemand – auch kein Mann – kann so fies sein, seiner Schwiegermutter so etwas zu wünschen. Jedenfalls hatte meine Schwiegermutter eine Patientenverfügung unterzeichnet, die es meiner Frau und ihrer Schwester ermöglichte, alles unsinnige und nur Qual verbreitende von meiner Schwiegermutter fernzuhalten, und ihr damit einen halbwegs menschenwürdigen Tod zu ermöglichen.

An Weihnachten letztes Jahr haben nun meine Eltern – beide, dem Universum sei Dank, topfit – meiner Schwester und mir ihre Patientenverfügungen gegeben. Natürlich habe ich die Verfügung genau gelesen – ich lese alles genau, egal was mir in die Finger kommt – und mir auch meine Gedanken dazu gemacht. Simpel gesagt, haben meine Eltern ihr eigenes Leben in die Hände ihrer Kinder gelegt!

Das Ganze ist pervers. Ich bin auch Vater eines Sohnes, und da gibt es ein paar Dinge die sollten nicht sein

  1. Sollten Eltern niemals ihre Kinder begraben müssen – das sollte umgekehrt sein.
    (Man/Frau höre auch Dave Mathews, Grave Digger)
  2. Wollen Eltern ihren Kindern keine Sorgen aufbürden – im Gegenteil sie wollen sich bemühen, ihre Kinder möglichst sorgenfrei zu halten.
  3. Kann niemand wirklich die Entscheidung über Leben und Tod treffen und sicher sein, dass er das richtige tat.

Wie pervers ist es, wenn Eltern ihre Kinder in den Stand versetzen müssen (juristisch abgesichert) sie im Krankheitsfall vor unmenschlichen, skrupellosen Apparateärzten zu schützen. Ich lege doch im Normalfall meinem Sohn keine solche Bürde auf. Aber heute bleibt einem nichts anderes mehr übrig – man muss so handeln, um wenigstens halbwegs vernünftig zu sein. Das ist pervers, und das System ist die Perversion schlechthin – aber das interessiert ja nicht.

Ich habe mir meine Gedanken gemacht über die Verantwortung die für mich da unter Umständen drin liegt. Und ich bin mit mir selbst ins reine gekommen, heißt sollte der Tag kommen, werde ich die entsprechende Entscheidung treffen – ohne Gewissensbisse und ohne mich selbst verrückt zu machen; im Einklang mit der Natur und unserem Universum.

Bleibt noch eines zu tun: ich muss mir auch eine solche Patientenverfügung besorgen, die Reihenfolge der Entscheidungsträger festlegen und dann unterschreiben. Und das werde ich auch baldmöglichst tun.

Nachtrag: in diesem Moment in dem ich diese alte Geschichte poste liege ich selber in Offenbach im Spital und hatte in aller Hektik der Zeit vergessen eine Patientenverfügung zu verfassen – sorry Frau und Sohn. Mein Vater liegt mittlerweile schon über 10 Jahre unter der Erde – er brauchte die Verfügung nicht – fiel einfach so aus dem Leben. Nur die Situation, die hat sich nicht verändert.

 

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