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Sheriffs, Kontrolleure und andere Erbsenzähler

Hasse ich. Ich hasse Menschen, die ab einem bestimmten Punkt – nämlich wenn Pragmatismus gefordert ist – immer noch die Erbsen zählen. Auch wenn ich solche Menschen hasse, kann ich sie trotzdem lieben. Ich erzähle Ihnen nun wie ich gemeinsam mit meinem Erzeuger den Sheriff besiegte. Der Sheriff in dieser Geschichte ist meine Tante Ilse.

Ilse Bilse,

keiner will s‘e,

kam der Koch,

und nahm sie doch,

weil sie so nach Zwiebeln roch

Ilse ist die Schwester meines Vaters und neun Jahre jünger als er. Meine Ilse habe ich immer geliebt und tue das auch heute noch. Ich schrieb ihr kürzlich sogar einen Brief, um die Missverständnisse der letzten Jahre mal auszuräumen. Leider erhielt ich nie eine Antwort.

Egal das Thema ist ein ganz anderes. Eines Tages, aus welchen Gründen auch immer, sollte mein Großvater in eine Zweizimmerwohnung – für meine östlichen Leser: Zweiraumwohnung (hihi, Word 98 meckert und sagt Rechtschreibfehler, ist eben nicht Wiedervereinigungstauglich, ich aber schon) im gleichen Haus bei meiner Tante einziehen. Selbstverständlich war klar: Addi (mein Erzeuger) und Dieter renovieren das Ding mal eben komplett. Mein Vater arbeitete noch (mittlerweile bezahlen wir ihn als Vorruheständler dafür das er seinen Hobbies nachgeht) und ich studierte. Ehrlich gesagt studierte ich auf dem Papier, da ich gerade in einer Lebenskrise steckte – aber das tut hier eigentlich wenig zur Sache. Wir also am Wochenende, sprich Freitagabend, von Emden nach Bremen und Samstag/Sonntag volles Rohr – das volle Programm welches bei einer Renovierung möglich ist. War alles halb so schlimm, weil erstens machten wir das für Adolf, den Erzeuger meines Erzeugers, gern und zweitens wenn wir zusammen schaffen, dann schaffen wir auch was.

Der Ablauf war so, dass zunächst einmal alle geschmacklichen Details mit meinem Opa und unserer Ilse geklärt wurden. Der Ablauf war natürlich, wie auch anders, der, dass mein Opa zustimmend brummte oder nickte, unsere Ilse aber sagte was gemacht werden soll. Das klappte eigentlich auch alles ganz gut, bis auf zwei Dinge:

In der bescheuerten Küche, gab es ein Entlüftungsgitter, welches eigentlich lackiert werden hätte müssen! – wie gesagt: sollen und müssen. Hier hatte ich eine heftige Diskussion mit meinem Vater, ob wir das nun lackieren, und wenn ja wie, und dann natürlich auch darüber, wieviel Zeit dies in Anspruch nähme.

Ich sagte: „ lass nach, dass pfusche ich schon irgendwie bei.“   

Er fragte: „wie?“ 

„Das male ich eiskalt mit der Wandfarbe über.“

„Dann kommt der Dreck wieder durch.“

„Macht nichts, dann male ich eben zweimal oder dreimal drüber.“

„Und was ist, wenn der Sheriff zwischendurch runter kommt und das sieht?“

„Das stehe ich durch.“

„Na dann…“

Sie dürfen mir glauben, ich stand es durch, aber er kam der Sheriff. Er kam rein als ich gerade angefangen hatte ein erstes Mal „drüberzutünchen“. Ich konnte meinen Vater nicht sehen, der war nebenan, aber ich konnte mir sein Gesicht vorstellen. Den Disput der nun kam, den konnte er ja hören.

Ilse fragte, „was ist das?“

„Ein Lüftungsgitter.“

„Und das streichst du einfach über? Muß man das denn nicht…“

Und so weiter und sofort. Ich dachte an „Die Leiden des Jungen W., wo der die Fensterscheiben aus Frust einfach zustreicht und malte weiter. Irgendwann gab der Sheriff entnervt auf und ging zur Baustelle meines Vaters, ich malte das Scheiß Gitter noch zweimal über und die Sache war geritzt. Später, nachdem der Sheriff weg war und wir eine Schnapspause machten haben wir herzhaft – fast hämisch – gelacht.

Die zweite Nummer ging auf das Konto meines Erzeugers. Wir hatten fast alles klar. Wir einigten uns darauf, dass ich das Wohnzimmer streiche und er schon mal die Kleinigkeiten in den restliche Zimmern anfängt. So wäre praktisch am Sonntag noch das Schlafzimmer zu streichen gewesen. Leider regte sich in meinem Alten wieder mal der Geiz und er fing mit mir eine Diskussion über das Volumen der Farbe an, welches wir für das relativ große Zimmer bräuchten. Er wollte sparen, ich wollte keine Pleite erleben und mit dem speziell von uns angemischten Farbton irgendwo auf der Wand ohne Farbe zu enden. Der Geiz setzte sich durch und ich fing an zu malen. Nach der ersten Wand war eigentlich schon absehbar das es eng wird. Also philosophierten wir darüber, ob wir die Farbe strecken könnten. Dies viel schnell weg, da der Sheriff das bemerken musste. Also war unser Ziel, dass ich erstmal bis in eine bestimmte Zimmerecke versuchen würde hinzureichen und wir dann Farbe nachmischen würden. Hat alles geklappt, aber ich kann Ihnen sagen wie wir mit Angstschweiß im Nacken die Farbe nachgemischt haben. Tropfen für Tropfen haben wir die Abtönfarbe ins Weiß eingemischt, gerührt, auf einem Reststück Tapete eine Probe aufgetragen und mit meinem Feuerzeug von unten getrocknet um den wirklichen Farbton sehen zu können. Wir haben es hingekriegt bevor der Sheriff kam und ich habe die Scheiß Wand angemalt. Bis heute weiß Ilse davon nichts. Sie hat keine Ahnung welch einen meisterlichen Pfusch mein Vater und ich da hingelegt haben. Als der Schreck aus unseren Gliedern gewichen war und sie das Wohnzimmer mit ihren Argusaugen abgenommen hatte, haben wir uns einen Schnaps in die Birne gehauen und zusammen gelacht, wie nie zuvor und auch niemals danach.

Categories: 我的金瓶梅

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