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Unsere Brüder und Schwestern aus dem Osten

Klasse, klingt unheimlich blöd. Ich habe mich eigentlich schon immer darüber geärgert, dass Helmut Kohl die DDR gekauft hat. Erstens weil ich dafür bezahlen muss und zweitens weil man mit ein bisschen Realismus einen sanfteren und besseren Weg hätte finden können. Was mich immer noch am meisten aufregt ist, dass man mir 30 – ja in Worten: dreißig – Jahre lang eingebläut hat, ich sollte doch froh sein, dass die Generationen meines Großvaters und meines Vaters dieses Land aus Ruinen – Adolfs Ruinen – wiederaufgebaut haben und ich nun die Früchte ernte und nichts bezahlen muss.

Und wer bezahlt? Ich! Durch Soli-Zuschlag und Kohls und Weigels Steuererhöhungen der 90er Jahre. 

Wenn ich gut drauf bin, gut drauf sein heißt: ich lebe all meinen Sarkasmus und Zynismus voll aus, dann mache ich Sachen die sogar meinen Sohn zum Lachen bringen. Ich rechne zum Beispiel über den kumuliert von mir gezahlten Soli-Zuschlag aus, wie viele Fernseher ich im Osten schon finanziert habe, oder das der blöde Ossi, der mich gerade auf der Autobahn mit 150 Sachen in einer 100er Zone überholt, eigentlich ja in meinem und nicht in seinem Auto sitzt. Oh, jetzt habe ich mir natürlich einen Haufen Zorn zugezogen. Aber eines ist für mich auch klar:

Jammern zählt nicht. Wir Wessis, als Volk gesehen, haben die Entscheidung die DDR zu kaufen mitgetragen – im Kollektiv sozusagen – und wir werden der Welt beweisen das es geht. Also liebe Freunde im Osten – die ihr die gleiche Muttersprache sprecht wie ich – lasst Euch kein schlechtes Gewissen machen, von niemandem. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn mein Sohn so um die 30 Lenze zählt, hält uns seine Generation für völlig daneben weil wir die Begriffe Ossi und Wessi verwenden. Also freie Bahn für die die jetzt 40 sind. Sagt so oft Ihr könnt Ossi und Wessi, denn es ist ja eigentlich nicht wirklich bös gemeint.

Nachtrag:

Unser Sohn ist im Januar dreißig geworden, und J, er hält mich ob meiner klaren Meinung zu diesem Thema für völlig bescheuert. Hilft ihm aber nichts. Ostern saßen wir zusammen und aßen selbstgemachte Burger – er wünschte sich das so. Dann kamen wir auf den Hotdog und das der Ja nun definitiv eine amerikansiche Erfindung ist. Da lam sein Anitamerkanismus langsam hoch und er begann mit Einwänden. Daraufhin sagte ich: „dass must Du den Amis nun wirklich lassen, den haben sie wirklich erfunden, denn alles andere wurde vorher Ja schon im Osten unseres Landes erfunden.“ Ätz! Da musste selbst er lachen und meinte, „der war wirklich gut!“

Nachtrag II:

Ich war im letzten Jahr in meiner Geburtsstadt Bremen und die hatten doch tatsächlich gegenüber vom Roland den Spruch von Wilhelm Kaisen wieder aufgehängt, welcher früher da schon immer hing: „Gedenke der Brüder, die das Schicksal unserer Trennung tragen.“ Beruhigend dabei ist doch letztlich, dass nur die Brüder, aber nicht die Schwestern, das Schicksal tragen. Und dazu ein Gedicht:

Wieso müssen eigentlich immer nur Männer tragen,

soll ich mal den Atlas fragen?

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Categories: 我的金瓶梅

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