Nachdem ich die Sache mit dem Schwänzen der Berufsschule und dem Westermann aufgeschrieben habe, hier mal etwas über einen guten Lehrer. Gut, weil der engagiert war, weil er Stoff vermittelt hat, von dem ich heute noch zehre, weil er keinerlei Ressentiments gegen irgendeinen Schüler hatte und weil er über all das hinaus auch einfach ein Pfundskerl sein konnte. Name, gerne, Heinz Kegler. Leider ist er 2017 verstorben, wie ich gerade feststelle. Herr Kegler hat an der BBS II in Emden das Leistungsfach Metalltechnik unterrichtet. Als ich begann mein Abitur zu machen, da hatten wir im ersten Semester der 11. Klasse die Gelegenheit jeweils 6 Wochen Bau, Elektro oder Metall zu machen. Bei Bau mussten wir u. a. in einer alten Sauerkrautfabrik mauern. Man machte da einen Mörtel, den man hinterher wieder abreißen konnte, damit auch noch andere mit den Steinen mauern konnten – ein bisschen Sisyphos muss sein… Nachdem meine gemauerte Ecke wunderbar schief wurde, war mir klar, dass ich nicht für den Bau tauge. Hat er nochmal Glück gehabt, der Bau. Elektro ging mir auf den Keks, weil Strippen im Rechteck verlegen mir damals nicht so lag. Also war auch Elektro irgendwie nichts für mich? Welch ein Irrtum. Erst spät erkannte ich meinen Irrtum und fand die Liebe zum Elektron. Metall passte für mich gut, das machte mir Spaß, also wählte ich neben Mathematik das Leistungsfach Metalltechnik und landete bei Herrn Kegler. Herr Kegler war im positivsten Sinne ein konservativer Maschinenbauer, wie er im Buche steht. Durchdrungen von seinem Beruf lehrte er uns Dinge, die mir im ersten Semester Maschinenbau- wir mussten zwei Semester mit einer Fachprüfung abschließen – wieder begegneten, sodass ich im Resultat im ersten Semester fast nichts machen musste. Der Faule war wieder auf dem Trip, könnte man sagen. Nun war Herr Kegler nicht nur unser Lehrer, sondern auch unser Tutor. In dieser Eigenschaft organisierte er eine Klassenfahrt nach München – nicht nur für die Metalltechnik, sondern für alle drei Bereiche. Natürlich nicht ohne den Hintergedanken, uns durch das deutsche Museum zu jagen, auf dass das Virus uns auch sicher infizieren möge, was in vielen Fällen auch der Fall war. Tolles Erlebnis war das, all die Technik sehen zu dürfen war ein echtes Geschenk Herr Kegler. Außerdem hat er uns zur Hannovermesse geschleift, auch dort Technik und Technikwunder. Solchen Lehrern müsste man Denkmäler setzen.
Jedenfalls hat er auch im Zuge der Klassenfahrt einen Ausflug nach Salzburg organisiert. Also sind wir an einem Tag mit dem Bus in Richtung Salzburg aufgebrochen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich, wie auch mein Kumpel Berthold, meinen Personalausweis nicht dabeihatte, sodass die österreichischen Grenzer uns nicht hereinlassen wollten. Der Busfahrer und Herr Kegler habe wirklich versucht die Grenzer zu besabbeln, natürlich aber ohne Erfolg. Also stiegen wir zu zweit aus dem Bus und blieben zurück, während die Anderen gen Salzburg fuhren. Wir hatten grob eine Zeit ausgemacht, wann der Bus zurück sein sollte und Berthold und ich latschten in den jenseits der Straße sichtbaren Ort. Natürlich nicht über die Straße, sondern über die Felder. Damals – liebe Kinder – gab es nicht nur Grenzen für deren Passage man ordentliche Papiere brauchte, sondern es gab in Deutschland, speziell aber in Bayern eine Kultur. Diese drückte sich darin aus, dass auch das kleinste Kaff außer einer Kirche auch immer über einen stinknormalen Dorfgasthof verfügte. Den liefen wir dann auch an. Wir bestellten uns ein Bier und später etwas zu essen. Die Kellnerin in der Kneipe war ein großes schlankes bayerisches Mädel mit einem unsagbar großen Vorbau. Was uns aber an ihr umhaute, war das sie über ihrem gewaltigen Busen ein weißes T-Shirt trug, auf dem der Esso-Tiger und der Aufschrift „Ich hab‘ den Tiger im Tank“ prangte. Also nichts Abercrombie & Fitch, nee Esso. Wir haben uns den ganzen Mittag und Nachmittag köstlich amüsiert. Nach der dritten Halben, es war sehr heiß an jenem Tag, hatten wir auch genug Alkohol konsumiert und sind zur Grenze zurück. Dort haben wir uns an der Böschung ins Gras gelegt und unseren leichten Glimmer ausgeschlafen, bis der Bus wieder zurückkam.
Ach und noch etwas habe ich persönlich von ihm gelernt. Wir haben in München nicht einfach in einer Jugendherberge oder ähnlichem gehaust, sondern alle in einem riesigen Zelt kampiert, weil dort ein internationales Jugendfest stattfand. Von meiner Mary aus Massachusetts, die ich dort kennenlernte, rede ich hier mal nicht, sondern davon, dass wir einen großen Grillabend veranstalteten, zu dem wir auch Salate und Gemüse zubereitet haben. Dann sollte ich den Radi schneiden und der gute Kegler lachte mich aus, wie dämlich ich mich dabei anstellte. Er zeigte mir wie man ohne Hilfmittel nur mit einem Messer den Radi in Spiralen schneidet. Auch für sowas war er sich nicht zu schade. Und seien Sie sich gewiss, jedesmal wenn ich einen Radi so schneide dann denke ich an ihn.
Was hat das mit unserem Nachbarn zu tun? Nun, der Gute ist so saucool, dass er auf dem Tankdeckel seines Opels den Esso-Aufkleber mit dem Tiger hat.
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