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Was Teekochen mit MeToo zu tun hat und warum sich der Mensch an alles gewöhnt

Das mit meiner Lehre auf Artur Graichens Sklavenschiff habe ich ja schon hinreichend ausgebreitet. Die Sache mit dem Tee will ich aber nicht unterschlagen. Da ich Industriekaufmann und nicht Bürokaufmann gelernt habe, musste ich selbstverständlich während der Lehre, äh „political ill“ natürlich Ausbildung, im Betrieb – sprich Fabrik – arbeiten. Das stand natürlich im krassen Gegensatz zur Ausbildung unserer Buchhalterin Foline. Foline hatte auf dem Sklavenschiff Bürokauffrau gelernt. Ich fragte mich lange, mindestens das erste Lehrjahr lang, warum zum Teufel unsere Foline Büro- und nicht wie der Rest der Besatzung Industriekaufmann, respektive in unserem Fall hier Industriekauffrau gelernt hatte. Bis mir dann irgendwann eine ältere Kollegin, welche lange in Mutterschutz war, erzählte warum. Und „guess what“? Ja, genau, Foline war eine Frau, ein Mädchen, und Mädchen kann man die Fischfabrik nicht zumuten. Also durfte Foline nur Büro und nicht Industrie. Kaum zu glauben, siebziger Jahre, aber der Alte war strikt dieser Auffassung, welche ich nicht erst heute, sondern schon damals, für völlig bescheuert hielt und halte. Kurz und klein, das ist also MeToo #1, ich hasse diesen Gartenzaun, schon immer, völlig beknackt, benutzt kaum jemand, außer den Amis und den Twitterern.

Aber nun zum Tee. Der Stift zum Industriekaufmann musste in den drei Jahren Lehrzeit drei mal 2 Monate im Betrieb arbeiten. Da machte man alles. Lebensmittellabor, Fisch in Dosen und Tiefziehschalen packen, 25 kg Fructose und 50 kg Zuckersäcke schleppen, Heringsfässer rollen, Auftaubecken mit 25 kg Quadern gefrorenen Herings beschicken und wieder ausleeren und auch Qualitätskontrolle. Wegen der Qualitätskontrolle war ich für mein weiteres Leben auch gewarnt. Das ist nicht meines. Nachzählen, nachwiegen und gucken ob die Frauen in der Produktion auch alle Schwanzgräten entfernt haben, macht mich nicht so glücklich. Ich habe durch mein Berufslebens gelernt, dass Qualität immer ein sehr stark strukturelles, mentales und managementaffines Thema ist. Reines zählen, messen und erfassen erzeugt einfach keine Qualität! Jedenfalls arbeitete ich im Betrieb logischerweise auch zu den betrieblichen Arbeitszeiten. Beginn also um 7:00 h statt normal um 7:30 h. In den Pausen sitzt man in der Kantine nicht bei seinen Büroheinis, sondern bei den Arbeitern am Tisch. So war das, so war das richtig und ist es heute auch noch richtig. Mein Vater hätte mich erschlagen wenn ich das anders gemacht hätte. Hin oder her, morgens um sieben hatte die Kantinenkraft, eine kleine etwa 150 cm messende dürre Griechin, Tee gekocht. Der Tee war in einem etwa 50 Liter messenden fassähnlichem Topf der erhitzt wurde. Daraus zapfte man sich dann den Tee. Dieser Tee war das grauenhafteste Gesöff, welches ich je Kosten musste. Selbst Schlangenblut schmeckt nicht so übel – ich weiß das. Eines Morgens war ich früher da und sie setzte gerade den Tee an. Sie kam mit einer Packung Bünting Tee und schüttete die 500 g Tee von oben einfach in den Bottich mit heißem Wasser. Da blieb der drin und zog, er zog weiter und weiter, bis der Bottich leer war. Nun wusste ich wie sie dieses üble Gebräu herstellte. Mein lieber Freund und Kupferstecher, der erste Schluck den ich von diesem Tee genossen habe zog mir die Schnute so zusammen, dass ich nicht mehr reden konnte. Das ging so tagein tagaus, bis ich mich dabei erwischte, dass ich mich morgens auf die Brühe freute. Ich hatte mich an die Jauche gewöhnt, ich brauchte das Zeug wie ein Junkie seinen Schuss. Der Mensch gewöhnt sich tatsächlich an alles.

Aber ich wollte noch zu MeToo #2. Das kam so. In der Buchhaltung war das Büro so strukturiert, dass man am „Kombuderraum“, mit der Nixdorf-Maschine darinnen, vorbei durch die Türe Eintrat. Erster Schreibtisch links die Lohnbuchhaltung, der Schreibtisch dahinter leer oder der Stift für die Lohnbuchhaltung. Neben Stift Lohnbuchhaltung der alte Depen, schon Rentner, der kam ein paar Stunden und machte die Post. Dahinter dann Foline mit Kollegin gegenüber. Am Kopf vor den beiden der Stift 2 Buchhaltung. Rechter Hand, hinter einer veritablen Zimmerpalme versteckt, noch ein Schreibmaschinenarbeitsplatz für die Schecks. Am Ende des Büros eine große zweiflügelige Tür mit Milchglasscheiben drin. Da drin verschanzte sich der Einkäufer und Arbeitsvorbereiter in Personalunion; ein kleiner älterer Gnom von etwa fünfzig Jahren. Der kam immer erst so gegen 10 Uhr und blieb wenn alle gingen, um dann seinen Arbeitsvorbereitungserguss der Nixe von Nixdorf anzuvertrauen. Eines schönen Tages machte der Mann einen wirklich veritablen Fehler, welcher ihn heute die Karriere kosten würde. Er Griff Foline an die Titten (Entschuldigung für die Wortwahl, aber genauso war es) – ein Grabscher, der Mann war ein Grabscher. Ich war fassungslos, sprachlos auch. Nun muss man wissen, dass Foline ein gut gebautes Ostfriesenmädchen war. So gute 170 cm groß und gut gebaut. Feldarbeit wäre für Foline kein Problem gewesen. Noch dazu war sie jung und hatte einen grandiosen Reflex. Sie holte aus, zeitlich war das alles eins, der Typ griff zu und im nächsten Moment hatte er sich eine Backpfeife von Foline gefangen, wie ich nie zuvor und nie danach mehr eine sah. Das hat geknallt! Der Boxer ging erst halb zu Boden, dann sprang er auf und rannte in sein Büro und schlug die Tür hinter sich zu. Danach kam er nicht mehr heraus. Wir sahen ihn an dem Tag nicht wieder. Wie er das gemacht hat, ob er in die Blumentöpfe pinkelte oder sein eigenes Zeug trank, werde ich dem Multiversum sei Dank nicht mehr erfahren. Foline, die Arme, war völlig fertig und jammerte, sie würde jetzt ihren Job verlieren, weil sie ihn geschlagen hat usw. Wir beruhigten sie und waren sicher, dass der Feigling dem Alten das schon nicht stecken würde. Erstens aus Scham, zweitens: sollte er vielleicht sagen, „ich habe mal das Material prüfen wollen?“ und drittens und erheblich, weil unsere Prokuristin – die operative Chefin des Ladens – Fräulein Niederstrasser eine Frau ist und die Materialprüfung sicher nicht sehr lustig gefunden hätte. Jedenfalls blieb es dabei. Der Vorfall blieb ungesühnt. Niemand verlor seinen Job und der Betrieb lief weiter. Ob das gut oder schlecht ist? Schwierig zu beantworten. Einerseits Nein – MeToo, andererseits Ja, weil der Schuss den der Grabscher abgekriegt hat, eine hochwirksame Methode war, dass er so etwas nie wieder macht.

Categories: 我的金瓶梅

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